Angebot zur Früherkennung von HKE - der Gesundheits-Check-up
In Deutschland besteht für gesetzlich Versicherte das Angebot des Gesundheits-Check-ups zur frühzeitigen Erkennung häufiger Erkrankungen wie z. B. HKE, sowie relevanter Risikofaktoren. Dieses Früherkennungsangebot steht gesetzlich Versicherten im Alter von 18 bis 34 Jahren einmalig zur Verfügung. Ab dem 35. Lebensjahr besteht alle 3 Jahre Anspruch auf die Vorsorgeuntersuchung. Der Gesundheits-Check-up umfasst unter anderem die Bestimmung des Lipidprofils, das für die Früherkennung von HKE von Bedeutung ist.
Parameter des Lipidstoffwechsels Parameter | Bedeutung für HKE |
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Cholesterin | Hypercholesterinämie gilt als wichtigster Risikofaktor der Atherosklerose |
LDL-Cholesterin | LDL sind einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung der Atherosklerose, insbesondere durch Plaquebildung und –progression |
HDL-Cholesterin | HDL sind ein wichtiger Schutzfaktor von Atherosklerose mit antiatherogenen Effekten |
Non-HDL-Cholesterin | Non-HDL-Cholesterin wird als Differenz aus Gesamt-Cholesterin und HDL-Cholesterin berechnet und ist insbesondere bei Hypertriglyzeridämien und Dysbetalipoproteinämien ein besserer Risikoindikator als LDL-Cholesterin |
Triglyzeride | Hohe Triglyzeridspiuegel sind häufig mit erhöhten kleinen, dichten LDL (sdLDL) assoziiert, die eine potenziell atherogene Wirkung haben |
Lipoprotein(a) | Lp(a) hat eine sehr hohe Atherogenität und wird als eigenständiger kausaler Risikofaktor für die Atherosklerose betrachtet |
Apolipoprotein B (ApoB) | ApoB-100 ist das wichtigste Strukturprotein der atherogenen Nicht-HDL-Lipoproteine (u. a. LDL, Lp(a)) und eine Alternative zur LDL-Cholesterin-Messung |
Apolipoprotein A1 (ApoA1) | Der ApoA1-Serumspiegel korreliert mit HDL-Cholesterin |
ApoB/ApoA1 - Quotient | ApoB/ApoA1 ist den cholesterinbasierten Quotienten (LDL-Cholesterin/HDL-Cholesterin, Cholesterin/HDL-Cholesterin) bei der Einschätzung des kardiovaskulären Risikos überlegen |
Beurteilung des kardiovaskulären Gesamtrisikos
Das kardiovaskuläre Gesamtrisiko wird in der Regel mittels etablierter Risiko-Scores, wie SCORE bzw. SCORE2, abgeschätzt. Diese Scores berechnen das 10-Jahres-Risiko für eine tödlich verlaufende kardiovaskuläre Erkrankung. Bei Personen mit gesicherter HKE, Diabetes mellitus (Typ 1 oder 2), chronischer Nierenerkrankung, familiärer Hypercholesterinämie (FH) oder sehr hohen individuellen Risikofaktoren entfällt die Risikoabschätzung, da in diesen Fällen von einem bereits bestehenden hohen Risiko ausgegangen wird, das ein intensives Risikofaktormanagement erfordert. Bei der Abschätzung des kardiovaskulären Gesamtrisikos mittels SCORE bzw. SCORE2 fließen die Faktoren Alter, Geschlecht, Rauchen, systolischer Blutdruck, HDL-Cholesterin und Gesamtcholesterin in die Berechnung ein. Trotz der nachgewiesenen Bedeutung von Lp(a) für das kardiovaskuläre Risiko wird dieser Parameter in den traditionellen Risiko-Scores noch nicht berücksichtigt. Daher wurde im Rahmen der Konsenserklärung der ESC von 2022 zur Rolle von Lp(a) bei atherosklerotischen HKE ein neuer Risikokalkulator eingeführt, der Lp(a) zusammen mit den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren berücksichtigt.
Auch bei Kindern und Jugendlichen kann das kardiovaskuläre Risiko durch Dyslipidämien und erhöhte Lp(a)-Spiegel steigen. Studiendaten deuten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Lp(a) und dem Auftreten arterieller ischämischer Schlaganfälle hin. Eine Hyperlipidämie in dieser Altersgruppe kann entweder aufgrund angeborener Stoffwechseldefekte (z. B. FH) oder sekundär als Folge von Übergewicht oder medikamentöser Therapie auftreten. Zu den Medikamenten, die eine Hyperlipidämie begünstigen können, zählen Thiazide, Betablocker, Kortikosteroide und Kontrazeptiva. Letztere sind insbesondere bei Frauen eine relevante Ursache für erhöhte Lipidwerte, weshalb dieser Aspekt auch im kardiovaskulären Risikomanagement berücksichtigt werden sollte.
Zur Beurteilung des kardiovaskulären Risikos sollte zunächst ein nüchternes Standard-Lipidprofil erstellt werden. Dieses umfasst aktuell laut Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyzeride. Angesichts der wachsenden Evidenz für die Bedeutung von Lp(a) als unabhängigen Risikofaktor sollte die Bestimmung von Lp(a) in das Standard-Lipidprofil aufgenommen werden. Derzeit wird eine einmalige Messung des Lp(a)-Wertes insbesondere für Personen mit frühzeitiger atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung (ASCVD) in der Eigen- oder Familienanamnese, familiärer Hypercholesterinämie (FH) oder ungeklärtem hohen kardiovaskulären Risiko empfohlen. Eine generelle Einbindung von Lp(a) in die Routine-Diagnostik könnte dazu beitragen, Hochrisikopatienten früher zu identifizieren und präventive Maßnahmen gezielter einzuleiten.
Lipoprotein (a) und kardiovaskuläre Erkrankungen
Die Bestimmung des Lp(a)-Spiegels hat sich als wertvoller Marker in der kardiovaskulären Diagnostik erwiesen. Das kardiovaskuläre Risiko steigt nahezu linear mit der Höhe des Lp(a)-Wertes an, selbst wenn die LDL-Werte gut kontrolliert sind. Hohe Lp(a)-Werte gelten als unabhängiger kausaler Risikofaktor für eine Vielzahl von kardiovaskulären Ereignissen:
Trotz dieser Empfehlungen wird die Lp(a)-Bestimmung in Deutschland noch nicht flächendeckend umgesetzt, obwohl Fachgesellschaften und die Deutsche Herzstiftung verstärkt darauf hinweisen.
Leitlinienempfehlung zur Lp(a)-Bestimmung
Die Pocket-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Dyslipidämien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. weist darauf hin, dass eine hohe Lp(a)-Konzentration (> 430 nmol/l bzw. >180 mg/dl) mit einem kardiovaskulären Risiko vergleichbar einer familiären Hypercholesterinämie (FH) assoziiert ist. Bei Personen mit FH lassen sich zudem in 30–50 % der Fälle gleichzeitig erhöhte Lp(a)-Spiegel nachweisen.
Um Personen mit erblich bedingt sehr hohem Lp(a)-Spiegel frühzeitig zu identifizieren, wird empfohlen, mindestens einmal im Leben eine Lp(a)-Bestimmung durchzuführen, unabhängig von anderen Risikofaktoren. Das kardiovaskuläre Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall steigt bereits ab einer Lp(a)-Konzentration von ca. 75 nmol/l (30 mg/dl) kontinuierlich an. Ab 125 nmol/l (60 mg/dl) ist das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse signifikant erhöht.
Bei Personen mit einer frühzeitigen kardiovaskulären Erkrankung (HKE) in der Familiengeschichte sollte eine Lp(a)-Bestimmung auch unabhängig von den oben genannten Grenzwerten in Betracht gezogen werden.
Therapiemöglichkeiten zur Senkung des HKE-Risikos
Zur Senkung des HKE-Risikos sind sowohl Lebensstilveränderungen (z. B. Ernährungsumstellung, mehr Bewegung) als auch eine Blutdrucksenkung durch Antihypertensiva angezeigt. Eine Verbesserung des Lipidprofils kann durch lipidsenkende Medikamente, wie Statine, Ezetimib oder PCSK9-Hemmer erreicht werden. In Hinblick auf Lp(a) ist die therapeutische Kontrolle hingegen problematisch, da Lp(a)-Konzentrationen weitgehend genetisch determiniert sind und nicht durch Lebensstilveränderungen beeinflusst werden können. Derzeit sind noch keine Medikamente verfügbar, die selektiv Lp(a) senken . PCSK9-Inhibitoren wie Evolocumab und Alirocumab haben in klinischen Studien eine gewisse Wirksamkeit gezeigt: Sie senkten nicht nur den LDL-Wert um 50 bis 60 %, sondern auch den Lp(a)-Spiegel um ca. 10 bis 30% Zur nichtselektiven Senkung des Lp(a)-Spiegels steht aktuell lediglich die Lipid-Apherese zur Verfügung.
Fazit
HKE gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen. In Deutschland wird für gesetzlich Versicherte ein Gesundheits-Check-up angeboten, der unter anderem der Früherkennung von HKE dient und eine Bestimmung des Lipidprofils beinhaltet. Führende Fachgesellschaften und internationale Leitlinien empfehlen zusätzlich, mindestens einmal im Leben die Bestimmung von Lp(a), da ein erhöhter Lp(a)-Spiegel das Risiko für Atherosklerose, KHK, Herzinfarkt und Schlaganfall steigert. Daher bezieht ein neuer, optimierter Score zur kardiovaskulären Risikoabschätzung Lp(a) als zentrales Element in die Berechnung mit ein. Auch bei Kindern und Jugendlichen trägt ein erhöhter Lp(a) Spiegel zu einem erhöhtem KHK Risiko bei, insbesondere im Hinblick auf ischämische Schlaganfälle.
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Referenzen
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